Fankultur

Über den Verein und seine Fans

„God save TeBe“, mit diesem Gesang, der mittlerweile zu einem der Klassiker im Eichkamp avanciert ist, bekunden die lila-weißen Fans aus dem Mommsenstadion ihre unerschütterliche Liebe zu Tennis Borussia. So manches Mal schien TeBe auf himmlischen Beistand angewiesen, und so hat dieser Gesang gelegentlich fast den Charakter eines kollektiven Stoßgebetes der Fans. Offensichtlich hat sich der Fußballgott überzeugen lassen, denn die Veilchen leben weiter – auch durch tatkräftiges irdisches Engagement.

Geburtstagsgrüße von Campino

Vor mehr als einhundertzehn Jahren, als Tennis Borussia unweit des Hackeschen Markts von zwölf jungen Sportverrückten ins Leben gerufen wurde, klangen die Huldigungen und Anfeuerungsrufe sicherlich noch anders – die Emotionen für diesen einzigartigen Verein werden aber ähnlich innig gewesen sein wie unter den heutigen Fans, und durch diesen Enthusiasmus entwickelte sich der Club schnell zu einer der „großen Nummern“ im Berliner Fußball. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte entstand zwischen Hertha BSC und Tennis Borussia ein packender Zweikampf um die Vormachtstellung in der Stadt mit vielen spannenden Duellen. Große Namen auf beiden Seiten prägten das Geschehen, Hanne Sobeck (…) bei den Blau-Weißen, Hanne Berndt, Fritz Wilde, Sepp Herberger bei den Veilchen, um nur einige zu nennen. Zumeist hatten hierbei die Gesundbrunner am Ende die Nase knapp vorn, aber es gab auch Phasen, in denen die Lila-Weißen das Geschehen klar dominierten, beispielsweise in den „goldenen“ 1950ern. Ausgerechnet als die Bundesliga eingeführt wurde, schwächelten die Charlottenburger allerdings sowohl sportlich als auch wirtschaftlich, und so bekam Hertha BSC den Berliner Startplatz zugesprochen. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist es Tennis Borussia nicht mehr gelungen, die Vormachtstellung der Herthaner zu brechen.

So haben TeBe-Fans aus fast allen Epochen eine Erfahrung gemein: Immer wieder nahmen die Borussen Anlauf, immer wieder rappelten sie sich auf, aber ein ganz großer Coup gelang dem Verein eigentlich nie. Lange Jahre war man eine feste Größe im deutschen Fußball, qualifizierte sich regelmäßig für die Endrunden um die deutsche Meisterschaft, aber spätestens im Viertelfinale war dort Endstation. Später stieg man zweimal in die Bundesliga auf – und sofort wieder ab. In den Aufstiegsrunden zur zweiten Bundesliga scheiterte der Verein bisweilen tragisch. Egal wann man Anhänger der Veilchen wurde, nahezu jeder TeBe-Fan hatte schon so manche Träne zu vergießen und kann von zahlreichen Leidenserfahrungen sowie geplatzten Träumen berichten.

Und dennoch, trotz zahlreicher Pleiten und Enttäuschungen – gerade während der letzten Jahrzehnte – gibt es viele, die dieser schon durch seine Farben und den skurillen Namen aus dem Rahmen fallende Verein einfach nicht loslässt. Auch nach dem Desaster Ende der 1990er Jahre, als der Club teuer dafür bezahlen musste, sich in die Hände eines halbseidenen Sponsors begeben zu haben, fast nur noch Negativschlagzeilen produzierte und sich am Ende dieser Ära erstmals in seiner Historie in der Viertklassigkeit wiederfand, hielten viele Fans und Mitglieder treuer denn je zu ihrem Verein, was in einer erfolgsorientierten Metropole wie Berlin keine Selbstverständlichkeit ist.

Was also macht den besonderen „Spirit“ aus, der die schon so häufig eingegangen geglaubten Veilchen immer wieder von neuem aufblühen lässt? Warum kommen immer noch etliche Fans aus Neukölln, Friedrichshain, Marzahn, Schöneberg oder Prenzlauer Berg, ja sogar einige „Verrückte“ aus Hamburg oder Bremen, zu den Spielen ins Mommsenstadion, um sich „einfachen“ Fussball anzusehen, wo es in der Stadt doch starke höherklassige Konkurrenz gibt? Was ist das Besondere an Tennis Borussia?

Ebenso bunt und vielfältig wie die Fanszene von Tennis Borussia werden die Motive der Fans für ihre Leidenschaft zu diesem Verein sein. Eines jedoch schätzen alle gleichermaßen: Nach Jahren der Fremdbestimmung durch den Sponsor gibt es bei „Tennis“ wieder den Zusammenhalt, der den Verein beispielsweise in den 1970er Jahren vielen Berlinern so sympathisch machte und der jemanden wie Benny Wendt, das frühere Idol vieler TeBe Fans, noch heute von TeBe und seinem Umfeld schwärmen lässt. Die „Ping-Pong-Veterans“, ein Fanclub von Anhängern, die größtenteils schon in den 1970ern dabei waren, haben ihrer Fanpage das Motto „Seele-Wärme Inbrunst“ gegeben. Besser lässt er sich nicht auf den Punkt bringen, der neue, alte „TeBe-Spirit“.

Überhaupt, die Fanszene: Nach einer Durststrecke während der 1980er Jahre begann sie in den 1990ern wieder aufzuerstehen und zu wachsen, und das unter schwierigsten Bedingungen. Denn zu dieser Zeit befanden sich die Fans quasi in permanenter Opposition zur damaligen (Göttinger) Vereinsführung, die jegliches Gespür für das vermissen ließ, was Fußballfans an ihrem Sport fasziniert. Heutzutage dagegen gibt es einen engen Kontakt zwischen Fans und Vereinsführung. Die Fans gestalten den Verein aktiv mit, z.B. durch das in Eigenregie produzierte Stadionprogramm. Statt eines aufgeblähten und aufdringlichen Showprogramms wird rund um das Spiel Musik ganz nach dem Geschmack der Fans aufgelegt, die es so in keinem anderen Stadion zu hören gibt – frei nach dem Motto „Fußball, Freunde, Rock’n’Roll!“

Zum „TeBe-Spirit“ gehört auch ein bewusster Umgang mit der jüdischen Tradition des Vereins und ein aktives Vorgehen gegen antisemitische, rassistische sowie homophobe Tendenzen auf den Rängen. Gerade in diesem Punkt erhält die Fanszene vom Verein volle Unterstützung. Die Ergänzung der Vereinssatzung um einen Antidiskrimierungsparagraphen (nach Schalker Vorbild) wurde 2001 von den Fans auf der Jahreshauptversammlung vorgeschlagen und durch die Vereinsmitglieder ohne eine einzige Gegenstimme oder Enthaltung angenommen! Da konsequentes Handeln im Umgang mit Rechtsradikalismus in der Berliner Fußballszene alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist, sind die TeBe-Fans sehr stolz darauf, dass ihr Verein auch in dieser Hinsicht „anders“ ist! Und auch in der Jugendarbeit (die übrigens mehrfach als die beste Berlins ausgezeichnet wurde) wird Wert auf die Vermittlung von Toleranz und Weltoffenheit gelegt, und so verwundert es nicht, dass Kinder und Jugendliche der unterschiedlichsten Nationalitäten und Religionen gerne zu Tennis Borussia kommen und meist schon nach kürzester Zeit von ganzem Herzen Lila-Weiße sind. Mit Sicherheit ist der eine oder andere unter ihnen, der später einmal den Sprung in die erste Mannschaft von TeBe schaffen wird. Und dann wird auch er es von den Rängen hören, das enthusiastische „God save TeBe“ der Fans!

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