- Die Spiele um die Berliner Meisterschaft 1928
- Teil I: 4. März 1928
- Teil II: 18. März 1928
- Teil III: 15. April 1928
Ein Bruch geht durch Berlin. Die Frage, Tennis oder Hertha, spaltet ganze Familien.
Sonntag, 4. März 1928. Lachender Sonnenschein, herrliche Frühlingsluft und etliche Grade über dem Gefrierpunkt. Schon morgens stellen sich die ersten Zuschauer ein, um sich einen guten Platz zu erobern, und um die Mittagsstunde zogen Tausende und Abertausende erwartungsvoll zum Post-Stadion.
Kurz vor 4 Uhr mögen wohl 50.000 Zuschauer das Oval umsäumt haben, etwa 10.000, eine Zuschauerschaft, die bei jedem sonstigen Verbandsspiel als hoch angesprochen werden muss – musste betrübt wieder abziehen, da die Polizei den Platz gesperrt hatte.
Um 16:00 Uhr gibt Schiedsrichter Dischereit das Leder frei. Es treffen die beiden Abteilungsmeister der Berliner Verbandsliga aufeinander. Gespielt wird das erste Spiel um die Berliner Meisterschaft. Überraschend viele auf den Rängen stimmen in den Schlachtruf ein: Hip hip hurra – Borussia! Und: Ra Ra Ra – Borussia! Doch es geht für die Herren im lila-weißen Jersey nicht allein um die Berliner Meisterschaft.
Die bange Frage lautet: wird die unwahrscheinliche Serie halten? Die Veilchen hatten in allen regulären Verbandsspielen einen Lauf von 18 Siegen und einem Unentschieden vorgelegt. 19 mal Unbesiegbar bei 93 zu 16 Toren für die Veilchen. Das war deutscher Rekord! (Gehalten seit 1904 von der Berliner Viktoria.)
Punkt 16:00 Uhr. TB. hat Anstoß, und lässt den Ball selbstbewusst laufen. Gleich muss Hertha-Keeper Gehlhaar sein Können unter Beweis stellen. Die ersten Minuten ließen die Herzen der TB.-Anhänger höher schlagen, Hertha musste bange Minuten überstehen. Es dauert, bis die Weddinger Tante ihre Kombinationsmachine anwirft. Ein munteres Spiel!
Doch dann geschieht es. Schröder prallt mit dem Herthaner Völker zusammen. Während Völker aufsteht und weiterspielt, verdammt ein Muskelfaserriss im Oberschenkel Schröder minutenlang zum Statisten, bis er schließlich ganz das Rund verlässt. 10 Borussen gegen 11 Herthaner also. Doch Tennis lässt das Schießen nicht: Ein Pass von Lux zu Hoffmann nach rechtsaußen, von dort sofortige Weitergabe an Handschuhmacher und schon sitzt, aus etwa sechs Metern geschossen, die erste Bombe im Tor. Aber auch Hertha lässt sich nicht bange machen und erzielt kurz vor Pausenpfiff den Ausgleich. Danach wird heftig und hart, aber durchaus fair gegen den Ball getreten. Die Vorentscheidung fällt, als Schiedsrichter Dischereit einen Elfmeter gibt, von dem sich die Borussen sicher sind, dass er völlig ungerechtfertigt ist. Herthaner Ruch netzt ruchlos ein. Eine Viertelstunde später köpft Kirsey auf Konny Patrzeks Kasten, Emmerich reklamiert Abseits (statt anzugreifen), und auch Patrzek machte eine wenig glückliche Figur. Tor für Hertha.
Die Partie schien schon unrettbar verloren. Da erhielt 12 Minuten vor Schluss Raue von Herberger einen langen Pass, er spurtete mit dem Ball nach innen, erkämpfte sich Zoll um Zoll gegen den ihn hart bedrängenden Domscheit und konnte aus fast unmöglichem Winkel unter den sich werfenden Gehlhaar zum zweiten Male einsenden.
Die Schlussoffensive der Veilchen bleibt dennoch erfolglos.
Hertha verteidigte mit viel Glück ihr Heiligtum und konnte als glücklicher Sieger das Spielfeld verlassen.