9. Mai 1926: TeBe gegen Dresdner SC
Trainer Nerz ist außer sich: Die Gesamtleistung der Mannschaft war recht schwach. Es fehlt dem einen an Luft, andere haben Launen und dergl. So kommt keine große Leistung zustande. Dabei empfangen die Berliner Veilchen den Dresdner SC am 9. Mai zunächst recht optimistisch. Das Hinspiel im Februar 1926 hatte nach starker Leistung einer drastisch ersatzgeschwächten Berliner Mannschaft mit erfreulichen 2:2 Toren geendet.
Offenbar sind die prominent besetzten Freundschaftsspiele der Vormonate der Mannschaft zu Kopf gestiegen. Das jedenfalls argwöhnt Nerz. Es scheint sehr schwer zu sein, zu internationalen Ehren zu kommen und dabei bescheiden und eifrig zu bleiben, grummelt er. Aber das wird sich wieder legen. Der Zorn des Coaches richtet sich vor allem auf Eschenlohr und Schröder, die beide wenige Wochen zuvor in der Partie Deutschland gegen Holland eine glänzende „internationale“ Figur gemacht haben. Aber auch das Programm der Ersten Herren war in den Vormonaten mit strammen Band gezurrt: SPV Wiesbaden, FSV Frankfurt, VfB Leipzig, Dresdner SC, Hamburger SV, Union-Zizkow Prag und Viktoria Hamburg – so die Namen der Gegner in den ersten Monaten 1926 . Und für die nächsten Wochen haben sich der FC Nürnberg, 1860 München sowie mit dem FTC Budapest der ungarische Meister angemeldet, um nur einige zu nennen.
Warum aber dieses stramme Programm parallel zur laufenden Verbandsligasaison? Der Club war 1925 finanziell in schwieriges Fahrwasser geraten und dringend auf mehr Zuschauereinnahmen angewiesen. Denn die eigenen Mitglieder konnten wegen der miserablen Wirtschaftslage ihre Mitgliedsbeiträge nicht mehr entrichten:
…, mit Bedauern muss hier leider gesagt werden, dass [1924/1925] noch nicht mal 5% der Mitglieder ihren Verpflichtungen dem Club gegenüber nachgekommen sind. Einigen Mitgliedern, welche wegen Arbeitslosigkeit um Stundung gebeten haben, ist das Gesuch ohne weiteres genehmigt worden, …
Selbst die Club-Nachrichten mussten November und Dezember 1925 sowie Januar und Februar 1926 ihr Erscheinen einstellen, nachdem die Besucherzahlen nach der katastrophalen Niederlage gegen Hertha BSC vom 27. September 1925 dramatisch zurückgegangen waren. Die Tennis Borussia Katastrophe, kommentierte die Presse das Spiel, bei dem die Veilchen 6 Treffer bei nur einem Ehrentreffer kassiert hatten.
Das stramme Rettungsprogramm der Anfangsmonate 1926 zeigt Wirkung. Bereits auf der Außerordentlichen Generalversammlung vom 13. April kann der Vorstand Entwarnung geben. Auf Anfrage … teilte Herr Braubach mit, dass, im Vergleich zu Anfang der Saison, es jetzt mit dem Club ganz gut bestellt sei. Allein die Revanche gegen die Weddinger wollten im Februar 22.000 sehen. Und wurden nicht enttäuscht. 4:1 für die Veilchen!
Der Besuch der Dresdner endet trotz solchen Zuspruchs aus Berliner Sicht enttäuschend 1:1. Doch Ursache sind wohl weder Eitelkeit und Arroganz noch Unlust, wie Nerz es seinen Spielern attestiert, sondern das kräftezehrende Programm selbst. Auch Herrmann Lux, den sie wegen seiner Robustheit den Eisernen nennen, bleibt nicht unbeeindruckt. Ende Mai reisen die Veilchen zu einer Pfingst-Tournee an den Rhein, doch Lux meutert:
Lux machte im letzten Augenblick ein wenig Theater und so fuhren wir ohne ihn ab. Hoffmann kam am andern Morgen nachgefahren und brachte Lux mit. Es ist begreiflich, wenn ein Spieler an den Feiertagen einmal zu Hause bleiben will. Es ist aber etwas anderes, ob man die Angelegenheit in der richtigen Weise erledigt.