Interview mit Anna und Franziska zum Frauentag

Der 8.3. ist seit vielen Jahren bekannt als der Internationale Frauentag oder der Internationale Frauenkampftag.
In vielen Städten finden an diesem Tag Demonstrationen für mehr Gleichberechtigung statt. Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist auch im Fußball nach wie vor ein Thema – egal, ob es um die Repräsentanz von Frauen in Vereinen und Gremien oder um gleiche Trainingsbedingungen und Bezahlung für Sportlerinnen geht. Mit zwei langjährigen TeBe-Fans wollen wir heute gemeinsam auf TeBe und den Frauenfußball schauen. Dazu haben wir mit Franziska Englisch, seit vielen Jahren im Aufsichtsrat, und Anna Schmidt, die seit dem Sommer dem Vorstand angehört, gesprochen.
Franziska und Anna, wie seid ihr eigentlich zu TeBe gekommen?
Franziska:
Ich mochte Fußball schon immer gern und war lange ohne „den einen“ Verein. Über Hertha und Babelsberg bin ich wahrscheinlich 2013 bei TeBe gestrandet und wusste beim ersten Stadionbesuch: „Oh mein Gott! Das ist DER Verein!“ Es war Liebe auf den ersten Blick. Seit zehn Jahren bin ich Mitglied und fast genauso lang ehrenamtlich im Aufsichtsrat tätig.
Anna:
Bei mir ist es ähnlich und doch ganz anders. Ich hatte lange gar keinen Bezug zum Fußball, bis ich 2012 von einem Freund mit zu TeBe geschleift wurde – zugegeben etwas widerwillig. Aber die aktiven Fans haben mich dann schnell für den Verein begeistert, und auch die Geschichte von TeBe sowie das gesellschaftliche Engagement haben mich total angesprochen. Mittlerweile mag ich sogar Fußball und gehe im Urlaub gerne mal Groundhoppen.
TeBe hat schon seit vielen Jahren „Come as you are“ als Motto – was bedeutet das für euch?
Franziska:
„Come as you are“ ist für mich der einladendste Satz, den man in einer diversen Gesellschaft aussprechen kann. In ihm stecken demokratische Werte wie Vielfalt und Toleranz. Einfach jede*r darf genau so sein, wie man eben ist, und wird genauso gern gesehen, aufgenommen und als Teil der TeBe-Familie akzeptiert und unterstützt. Unterschiede sind normal. Meinungen und Haltungen sind erwünscht. Und ja, eine Demokratie braucht Möglichkeiten des Diskurses, Austauschs und Kennenlernens. Das geht fast nirgendwo niedrigschwelliger als am Fußballfeld – denn offenbar konnte man sich schon auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen: zu TeBe zu kommen.
Anna:
Daneben bedeutet es für mich aber auch, TeBe für alle zugänglich zu machen. Schon in meiner Zeit im Vorstand der Abteilung Aktive Fans haben wir eine Dauerkartentauschbörse angeboten, damit auch Menschen, die sich den Eintritt nicht oder nicht so oft leisten können, ins Stadion kommen können. Bei Auswärtsfahrten gab es immer die Möglichkeit, kostenlos mitzufahren – andere Fans haben mehr in den Topf geworfen. Das ist ein toller Zusammenhalt.
Wir sprechen ja anlässlich des Internationalen Frauentags. Seit dem berüchtigten Kaffeeservice für den EM-Titel 1989 im Frauenfußball hat sich zum Glück einiges geändert, oder?
Franziska:
Auf alle Fälle, aber viele Männer behandeln Frauen im Fußballkontext immer noch nicht auf Augenhöhe bzw. wird einer Frau automatisch unterstellt, sie würde sich mit Fußball nicht so gut auskennen.
Oft wurden mir ungefragt Fußballregeln erklärt – meist von Menschen, die mich nicht kannten. Das führte unweigerlich zu lustigen Situationen: Ich habe mich einmal mit einem Gast unterhalten. Am Anfang hat er mir sehr viel über Fußball erklärt, und ich habe höflich lange zugehört, bis er fragte, warum ich hier bei TeBe sei. Ich habe mich dann inkl. Gremientitel vorgestellt und sah in viele schmunzelnde TeBe-Gesichter um uns herum, die offenbar wissentlich zuhörend genau auf diesen Moment gewartet hatten. Doch statt ihm jetzt einen Vortrag über Mansplaining und Zuschreibungen zu halten, haben wir gemeinsam über die Situation gelacht und dann noch lange über Fußball gefachsimpelt.
Ja, es ist noch ein weiter Weg bis zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Fußball. Auch in den Vereinen und bei den Fans sind deutlich weniger Frauen aktiv. Was muss sich da ändern?
Anna:
Erstmal muss aufgehört werden, diese Themen immer den Frauen zuzuschieben – denn sie betreffen alle Menschen. Wir alle müssen schauen, was wir an unseren Strukturen, unserem Auftreten nach außen, aber auch an unserem eigenen Verhalten ändern müssen.
Nehmen wir als Beispiel Sexismus im Stadion: Mir ist es schon passiert, dass ein paar männliche Fans bei einem anderen Mann ein problematisches, weil sexistisches Verhalten wahrgenommen haben und dann damit zu mir gekommen sind. Ich habe mich einerseits sehr darüber gefreut, dass die Sensibilität und Problemwahrnehmung da war, mich andererseits aber auch gefragt, warum ich mich jetzt während des Spiels damit beschäftigen soll. Hier hätten die Männer auch direkt miteinander reden können.
Franziska:
Ja, und „Girls Support Girls“ darf nicht nur eine Parole sein – denn Sexismus im Fußball geht nicht nur von Männern aus. Auch ich musste hier ehrlicherweise viel dazulernen. Ich kann Frauen nachvollziehen, die sich nicht vorstellen können, mit einer Gruppe biertrinkender Ultras in Reisebussen ohne Toilette zum Risikospiel zu fahren. Fußball kann gefährlich sein – und wird nicht sicherer, wenn man(n) betrunken ist.
Seit ich Mutter bin, fällt es mir sehr viel schwerer, mein Ehrenamt auszuüben oder ins Stadion zu kommen. Ich denke, auch hier müssen Vereine mehr Verständnis aufbringen und Möglichkeiten der Teilhabe entwickeln. Zur Geburt meiner Tochter habe ich nicht mal eine Karte vom Verein bekommen, während stolze Väter gefühlt die Babygrundausstattung mit Fanschal beim ersten Stadionbier erhalten. Ich musste außerdem um digitale Teilhabe an Sitzungen bitten, die sehr spät am Abend für eine stillende Frau einfach nicht in Präsenz zu schaffen sind. Die Selbstverständlichkeit darüber erbitte ich mir von der anderen Seite.
Zuletzt würde uns noch interessieren, wie eure Vision von TeBe in sieben Jahren aussieht. Wo stehen wir zu unserem 130. Geburtstag?
Anna:
Wenn jemand Fußball und Berlin hört, soll er sofort an TeBe denken. Für jeden Groundhopper ist TeBe die Anlaufstelle in Berlin, wo guter Fußball gespielt wird und man nette Leute kennenlernen kann. TeBe ist über die sieben Jahre stabil gewachsen. Wir haben keine Luftschlösser gebaut, sondern unermüdlich daran gearbeitet, dass der Verein wächst, wir finanziell stabil sind und sportlichen Erfolg haben. Denn das eine geht nicht ohne das andere.
Ich wünsche mir ein riesiges Stadionfest, eine Geburtstagsparty zusammen mit allen Freundinnen, Unterstützerinnen und Gästen aus dem In- und Ausland. Egal, welchen Verein die Trainerin der ersten Herren und unsere sportliche Leiterin für ein Freundschaftsspiel anlässlich des Geburtstags anfragen – alle wollen gerne kommen, denn bei TeBe ist man gerne zu Gast. Und am Ende des Tages sind wir wirklich 10.000 TeBe-Fans im Mommse.
Franziska:
Ich träume davon, dass TeBe in sieben Jahren finanziell auf einer stabilen Basis steht und mit dem 1. Herren-Team mindestens in der 4. Liga spielt. Außerdem soll es ein TeBe-Frauenteam geben, das um den Einzug in die 2. Bundesliga kämpft und der Stolz des Gesamtvereins ist.
TeBe wird im DFB mal wieder Bekanntheit erlangen, weil die erfolgreiche Aktion „Fußballfans für Feminismus“ weltweit zum Umdenken anregt. In diesem Sinne: Viva la vulva! Ladys, lasst euch nie von jemandem sagen, ihr könnt das nicht. Der hat nur Angst vor euch.