Ein riesiges Aufgabengebiet

Hagen Liebing im Gespräch mit Ronald Maschke, Peter Antony

Herr Maschke, was hat sie als Leiter der Amateurabteilung von Hertha BSC eigentlich zu Tennis Borussia verschlagen?

Ronald Maschke: Ich war ja sieben Jahre bei Hertha BSC. Als ich dort hin kam, war man noch lediglich die Nummer zwölf oder dreizehn in den Jugendbereichen und auch die Amateurmannschaft war nicht so aufgestellt wie es jetzt der Fall ist. Und da hat mich Dieter Hoeneß angesprochen, ob ich es schaffen könnte, diese Amateur- und Jugendabteilung in drei bis vier Jahren an die deutsche Spitze zu führen. Bald darauf bin ich zu deren erstem Vorsitzenden gewählt worden. Damals hatten wir unheimlich viel Überzeugungsarbeit zu leisten, denn kein Jugendlicher wollte unbedingt zu Hertha BSC. Der Verein war über die ganze Stadt verteilt – keine Trainingsplätze vorhanden. Aber irgendwann hatten wir es geschafft. Nicht zuletzt, weil auch genug Personal an diesem Ziel arbeiten konnte. Nach sieben Jahren waren die Betten bei Hertha BSC dann letztlich gemacht. Das heißt, es gibt bei Hertha eigentlich nicht mehr allzu viel zu verändern, weil die Strukturen stimmen und der sportliche Bereich gut aufgebaut ist. Ich habe dann Peter Antony gefragt, was er davon halten würde, wenn ich bei Tennis Borussia etwas machen würde. Da war er natürlich ein bisschen baff…

Peter Antony: …ich hab‘ gelacht…

Maschke: …weil er das eigentlich nicht für möglich gehalten hat, dass ich bei Hertha aufhöre. Ich habe ihm aber die Gründe genannt, warum ich das möchte: Weil zu dem Zeitpunkt feststand, dass Union aus der Regionalliga absteigt und eine neue Nummer zwei in der Stadt gesucht wird, und weil die Strukturen bei Tennis Borussia letztendlich soweit in Ordnung sind, dass man sagen kann: Da ist eine gute Jugendarbeit, angefangen von der C-Jugend bis in den A-Bereich, die B-Jugend wird hoffentlich in die Regionalliga aufsteigen, die A-Jugend spielt in der Bundesliga, man hat ein relativ gutes Umfeld mit dem Mommsenstadion und den Trainingsplätzen – obwohl ich erfahren musste, dass es mit dem Sportamt wohl nicht ganz so gut läuft, aber o.k., daran arbeiten wir auch – sodass ich mir sehr gut vorstellen könnte, bei Tennis Borussia in Zusammenarbeit mit Aufsichtsrat und Vorstand für neue Strukturen zu sorgen und dann mittelfristig TeBe in die Regionalliga zu bringen. Und wenn man erst mal in der Regionalliga angekommen ist, auch den Weg in den richtig bezahlten Fußball mitzugestalten. Peter Antony war davon angetan und hat mit gesagt, er könnte sich das vorstellen und daraufhin haben wir uns die Hand gegeben und gesagt, wir werden zusammen durchstarten. Man hat mir hier einen Dreijahresvertrag gegeben, das heißt, dass man mittelfristig was aufbauen kann. Sollte uns das gelingen – ich rede von uns, denn dazu gehört eine ganze Mannschaft: der Aufsichtsrat, das Präsidium, die Mannschaft, Trainer, meine Wenigkeit, genauso wie die Fans dazu gehören – wenn uns das gelingt, die Mannschaft in der Zeit in die Regionalliga zu bringen, dann haben wir auch ein gute Chance, den nächsten Schritt zu gehen. Ich denke mir einfach, dass es der Stadt gut tun würde, einen Traditionsverein wie Tennis Borussia dann hier als Nummer zwei in der Stadt zu haben. Was TeBe ja schon einmal war, wenn nicht sogar auch die Nummer eins, als es Hertha BSC damals nicht so gut ging. Ich denke, dass das eine realistische Geschichte ist, die man da bewirken kann, wenn alle an einem Strang ziehen.

Antony: Ein ganz wichtiger Punkt, den Herr Maschke gerade vergessen hat: Wir haben in den letzten Jahren bereits gut zusammen gearbeitet, als Ronny noch bei Hertha BSC war. Da gab es zwischen Hertha und TeBe immer eine gute Zusammenarbeit. Von daher war diese gute Zusammenarbeit der letzten Jahre auch zuträglich, dass Ronny gesagt hat, ich kann mir vorstellen bei TeBe zu arbeiten. Und das war eine Entscheidung, bei der die gesamte Führungsmannschaft bei TeBe positiv eingestellt war, um diesen Schritt mit Ronny Maschke zu machen.

Der Posten des sportlichen Leiters ist ja derzeit neu für uns. Wie kann man ihren Aufgabenbereich umschreiben?

Maschke: Die sportliche Leitung stelle ich mir so vor, dass ich in erster Linie die Aufgabe habe, mich um die Oberligamannschaft zu kümmern, um das Umfeld der Oberligamannschaft, eine enge Zusammenarbeit zwischen Trainer, Präsidium und sportlicher Leitung herzustellen. Zweitens ist es nicht nur wichtig, dieser Mannschaft einen guten Trainer zu präsentieren, sondern das ganze Umfeld muss letztendlich stimmen. Wir müssen der Mannschaft auch von der Vorbereitung auf den Gegner soviel Unterstützung geben, dass die Spieler sagen können und müssen: o.k., wir haben gut trainiert, ihr habt uns gut vorbereitet, wir haben alle Möglichkeiten gehabt – jetzt sind wir verantwortlich auf den Platz, das zurückzugeben, was man uns im Umfeld im vorhinein gegeben hat. Die andere Sache ist die Zusammenarbeit der Oberligamannschaft mit der A-Jugend, zwischen Markus Schatte, Theo Gries und mir, um junge Spieler immer wieder auch in die Oberliga- und hoffentlich bald Regionalligamannschaft zu führen. Das bedeutet, dass es dazu sehr gute Absprachen geben muss, denn die Jugend muss letztlich auch an den Bedürfnissen der ersten Mannschaft ausgerichtet sein, um so auch den Nachwuchs für den Männerbereich hervor zu bringen. Und das gilt auch für die B-Jugend und schließlich die zweite Mannschaft in der Landesliga. Wir haben einen großen Kader von 23-24 Spielern, was bedeutet, dass auch immer wieder Oberligaspieler in der Landesliga spielen werden, um sich Spielpraxis anzueignen. Es ist schon ein riesiges Aufgabengebiet. Hinzu kommt auch der administrative Bereich, die Konzentration möglichst vieler Bereiche auf die Hauptgeschäftsstelle, um die Kommunikation untereinander zu optimieren.

Zeitweise schien der Bestand der zweiten Mannschaft gefährdet…

Maschke: Es sah eine Zeit lang so aus, als würde das Team auseinander brechen, aber mit Frankie Misch haben sie eine guten neuen Trainer und zurzeit sieht es ganz gut aus, weil fünf, sechs, sieben Spieler dem Verein treu bleiben werden, so dass wir auch Jungs aus der zweiten A-Jugend hochnehmen können und eben auch die Spieler aus dem Oberligakader hinzu stoßen.

Wie klappt die Zusammenarbeit mit Theo Gries?

Maschke: Ich hatte mit Theo Gries ja schon vor meiner Zeit bei Tennis Borussia ein gutes Verhältnis und schätze seine Fußballphilosophie. Theo ist ein absoluter Fachmann mit dem man sehr gut zusammen arbeiten kann. Ich denke, dass wir beide die gleiche Philosophie haben und den gleichen Weg gehen werden.

Bei der Oberligamannschaft gab es zum Saisonende einen recht großen Schnitt. Macht sich beim neuen Team auch eine neue Ausrichtung bemerkbar?

Maschke: Wir haben auf jeden Fall vor mit einer jungen Mannschaft zu arbeiten, die heiß darauf ist weiter zu kommen, mit der man perspektivisch die nächsten drei, vier Jahre arbeiten kann. Alle Spieler, die wir jetzt neu verpflichtet haben, erhielten letztendlich solche Verträge, dass der Verein in der Lage ist zu sagen: du hast ’ne Supersaison gespielt, du hast unsere Erwartungen erfüllt und der Verein wird mit dir weiter arbeiten. Oder auch das Gegenteil: Wenn die sportlichen Erwartungen eben auch nicht erfüllt wurden, kann man sich auch nach neuen jungen Spielern umsehen…

Antony: Wir mussten das übrigens auch so machen, weil sämtliche Geriatriekurse in den Berliner Krankenhäusern bereits von Union belegt wurden.

Maschke: Aber es ist ja auch meine Philosophie mit jungen Leuten zu arbeiten, weil ich das ja von Hertha BSC gar nicht anders kenne. Ein Zwanzigjähriger wird mit einundzwanzig besser sein, mit zweiundzwanzig und dreiundzwanzig wird er sich noch weiter entwickelt haben; ein Dreißigjähriger, der wird sicherlich von seinem Leistungsvermögen her jedes Jahr etwas einbüßen. Da dürfen keine Verletzungen dazu kommen. Die Philosophie muss sein: mit jungen, dynamischen und willigen Spielern den Sprung in die Regionalliga zu realisieren. Und wenn der Sprung gelingen sollte, wollen wir auch nicht wieder bei null anfangen und ein neues Team aufbauen, sondern es muss heißen: das Gros der Mannschaft bleibt bestehen und wir müssen uns nur noch punktuell verstärken.

Was werden wir da für einen Fußball geboten bekommen?

Maschke: Sicherlich werden wir eine temporeicheren Fußball sehen mit viel mehr Laufbereitschaft, wo viel Bewegung ist, aber wo auch viel Taktik gearbeitet werden muss.

Wie schätzen sie die Konkurrenz ein?

Maschke: Union selbst hat sich ja zum absolute Favoriten deklariert. Was ja nicht unrealistisch ist, wenn man zahlreiche erfahrene Spieler holt. Aber ich denke, dass wir eine sehr gute Rolle spielen werden, Neuruppin hat seine Mannschaft zusammen gehalten und auch Babelsberg, BAK und Yesilyurt werden oben mitspielen. Wenn ich mir unsere Mannschaft ansehe, bin ich überzeugt davon, dass sie charakterstark ist und mit Sicherheit oben mitspielen wird.

Dieses Team kennt nun allerdings noch niemand. Kann man da jetzt schon Namen nennen?

Maschke: Spätestes Ende dieser Woche können wir damit an die Öffentlichkeit gehen. Aber grundsätzlich sind da einfach noch einige Gespräche offen. Wir haben bisher in Ruhe gearbeitet und sollten das auch weiter tun. Wenn wir unseren Kader voll haben, dann werden wir mit Namen an die Öffentlichkeit gehen können, die recht klangvoll sind, aber auch mit Namen von Leuten, die sehr jung sind und in der letzten Saison in anderen Vereinen gezeigt haben, dass sie das Zeug haben, in der Oberliga auch ganz oben mit dabei zu sein.

Antony: Die Mannschaft ist mit einer Ausnahme eine Berliner Truppe. Jungs, die in Berlin aufgewachsen sind, die in Berlin Fußball spielen gelernt haben, die sehr jung sind. Ich denke mal, beim Trainingsauftakt am 26. Juni, zu dem wir die Fans für ein erstes gegenseitiges Beschnuppern bei Würstchen und Freibier einladen, wird es den Leuten richtig Spaß machen. Ronny hat jedem Spieler als erstes die Frage gestellt: Willst du für uns spielen oder willst du Geld verdienen irgendwo. Sobald ein Spieler mit überzogenen Forderungen kam, haben wir sofort abgelehnt. Finanzielle Ausreißer würden da das Gefüge auseinander bringen. Es gibt geringe Grundgehälter und es geht dann relativ viel über Leistung. Da kann ein Spieler aus der A-Jugend dann schnell auch mal mehr verdienen als ein alter Oberligaspieler, wenn er sich richtig ‚reinhängt. Die Jungs müssen halt beweisen, dass sie dazu gehören und dass sie Tennis Borussia im Sinn haben, und dann ist auch ‚was zu holen. Und solch eine Mannschaft macht dann auch Spaß.

Wird es ein Trainingslager geben?

Maschke: Auch das werden wir haben. Wir werden vom 9. bis 16. Juli ins Trainingslager in den Thüringer Raum fahren. Zurück in Berlin werden wir dann am 17. ein Vorbereitungsspiel gegen Alemannia Wacker haben, am 20. Juli gegen den Lichterfelder FC spielen und dann am 22. Juli noch einmal in ein Kurztrainingslager gehen und dort gegen Dresden-Nord spielen. Anschließend gibt es in Berlin noch zwei Spiele gegen Oberliga- oder Regionalligamannschaften. Und dann folgt unser Auftakt am 7. August, wenn wir auswärts spielen, oder beim Heimspiel bereits zwei Tage früher. Und am 20./21. August kommt das hoffentlich zweite große Highlight, dann starten wir in der DFB-Pokalhauptrunde und treffen entweder auf eine richtig starken und attraktiven Gegner, oder auf einen, den wir vielleicht auch noch rauskegeln können. Und das wäre ja fast noch schöner.

Diese Meinung teilen sie sicherlich mit den meisten Fans. Viel Erfolg bei ihrer weiteren Arbeit bei Tennis Borussia und ihnen beiden herzlichen Dank für dieses Gespräch.

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