Forelle im Karpfenteich
Hagen Liebing im Gespräch mit Peter Antony
Herr Antony, bei unserem letzten Gespräch kurz nach Ende der vergangenen Saison hieß es: ein riesiges Aufgabenfeld, das vor uns liegt. Das war vor anderthalb Monaten. Wie viele von diesen Aufgaben sind schon erledigt?
Peter Antony: Zuerst einmal hat sich Ronny Maschke eingearbeitet, hat die Zusammenarbeit mit Trainer und Co-Trainer gefruchtet und so haben die drei eine schlagkräftige Mannschaft aufgebaut. Sie haben ein gute Vorbereitung gemacht, ein gutes Trainingslager. Das ist der sportliche Bereich, die Hauptaufgabe, die bis zum Start der Saison erledigt wurde, und jetzt warten wir natürlich alle sehr gespannt auf das erste Spiel in Ludwigsfelde, dass es losgeht. Der arbeitende Bereich in der Geschäftsstelle, aber vor allem natürlich die Spieler, die schon mit den Füssen scharren wie die Rennpferde. Der zweite Punkt ist, dass wir natürlich im organisatorischen Bereich immer mehr Strukturen schaffen müssen, um überhaupt für die nächsten Jahre gerüstet zu sein. In den letzten Jahren haben wir – bedingt durch die Insolvenz – zum Teil gearbeitet wie jeder kleine Verein. Das soll nicht die Arbeit abwerten, aber manchmal wusste die rechte Hand nicht, was die linke tat. Nicht zuletzt natürlich, weil das eigentlich alles mit Ehrenämtern bestritten werden musste. Was absolut begrüßenswert und toll ist, aber uns strikte Grenzen setzt. Mit dem Engagement Ronny Maschkes haben wir einen Schritt gemacht, diese zu überwinden. Das merken wir ganz deutlich an der Verpflichtung der neuen Spieler. Wie das abgelaufen ist. Unabhängig vom sportlichen Erfolg, der ja zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht messbar ist, sehen wir im Preisgefälle und im Mannschaftsgefüge, dass hier einfach ein Profi am Arbeiten ist. Den nächsten Schritt versuchen wir jetzt zu tun mit jemandem im Marketingbereich. Da haben wir Jens Thron, der zuvor – und jetzt bitte keinen Aufschrei – fünfeinhalb Jahre bei Union gearbeitet hat, der aber Charlottenburger ist. Nun kann man sagen: Union hat doch 15 Millionen Schulden! Aber der Marketing-Bereich ist ja der, der das Geld ranbringt und nicht dafür verantwortlich ist, wie es ausgegeben wird. Von daher hat er dort schon eine sehr gute Arbeit gemacht. Das sieht man auch am Sponsorenaufkommen bei Union. Denn die haben die Köpenicker immer zahlreich gehabt, im Gegensatz zu uns. Bedingt dadurch, dass wir in den vergangenen Jahrzehnten immer einen großen Geldgeber hatten, ob das nun Heiner Pietzsch, Gerd-Volker Stolle, Jack White oder auch die Göttinger Gruppe war. Irgendwo gab es immer einen, der den ganzen Verein unterhalten hat. Das war die Vergangenheit von Tennis Borussia und das ist auch nichts Schlimmes, aber von daher war es nie notwendig ums Überleben zu kämpfen, wie das jetzt bei uns seit 2000/2001, dem Ausstieg der Göttinger Gruppe, Tagesarbeit ist. Existenzkampf. Von daher haben wir jetzt nach der Bereinigung durch die Insolvenz den nächsten Schritt gemacht: Wir müssen uns als Tennis Borussia auch aktiv den Sponsoren zeigen. Da ist sehr viel Arbeit zu tun. Der nächste Schritt wird sein, dass innerhalb der nächsten zwölf Monate auch die Geschäftsstelle gestärkt wird. Dann sind die drei Positionen Sportliche Leitung, Marketing und Organisatorische Leitung gut besetzt und ich denke, damit sind wir dann gerüstet für die Zukunft.
Auch finanziell?
Antony: Wir haben natürlich auch in den letzten Jahren Sponsoren und etwas Geld gehabt. Aber die Frage ist doch, was brauche ich als finanziellen Background. Wenn wir in der Oberliga auf Dauer um Platz 10-14 spielen wollen, die A-Jugend ruhig die Bundesliga verlassen und auch die Frauen nur regional spielen sollen, wenn uns das nicht weiter interessiert und wir sparen, dann reicht das Geld allemal mit den Sponsoren, die wir bereits haben. Aber es kann nicht das Ziel sein, in die Saison reinzugehen und zu sagen: Wir wollen da unten mit rumdaddeln. Und für die weiteren, höheren Ziele müssen wir noch arbeiten. Sonst bräuchten wir ja auch niemanden fürs Marketing einzustellen.
Wie klappt die Zusammenarbeit von Ronny Maschke mit Theo Gries?
Antony: Es war ja schon in der letzten Saison Wunsch von Theo Gries – lasst uns einen sportlichen Leiter einstellen, mit dem ich mich austauschen kann, der mir organisatorisch den Rücken frei hält. Das nimmt ihm Arbeiten ab, die einen Trainer auch belasten, die ihn kirre machen können. Ein Wust von Vertragsverhandlungen und Gesprächen – eine Entlastung auch für mich. Denn ich bin da ein Depp drin. Das ist nicht mein Job. Ich bin kein Fußballmanager und will es auch nicht werden. Mich können Spieler übers Ohr hauen, und ich muss sagen: Das haben letztes Jahr auch einige geschafft. Von daher war diese Einstellung ganz wichtig. Und expliziter Wunsch von Ronny Maschke war ja mit Theo Gries weiter zu arbeiten. Er sagt: Ich kenn in Berlin keinen besseren Trainer. Dieses Zusammenspiel funktioniert top. Sie reden viel miteinander, kommunizieren gut. Die Folge davon: Es herrscht ein ganz neuer Teamgeist in der Mannschaft. Wir als Vorstand oder Aufsichtsrat haben uns bislang in keinster Weise eingemischt und können nur sagen: Hut ab.
Wie groß ist dabei jetzt der Erfolgsdruck auf den Trainer?
Antony: Wenn wir mit dieser Mannschaft in der Winterpause auf Platz 10 oder 12 ständen, hätten wir schon ein Problem, aber ich glaube dann hätten der Trainer und auch der sportlich Leiter auch mit sich selbst ein Problem. Aber ich bin mir sicher, dass das nicht passieren wird. Die Mannschaft will so gut wie nur möglich spielen, die sind heiß, und die niedrigen Gehälter und das Prämiensystem sind auch darauf abgerichtet, dass sich Leistung lohnt. Die Mannschaft hat das Potenzial vorne mitzuspielen, aber man muss auch sehen: Neben Union gibt es auch noch den BAK, die sich richtig verstärkt haben, Yesilyurt, Babelsberg, Neuruppin, natürlich Rostock, und selbst Wismar hat sich sechs ausländische Auswahlspieler geholt. Es ist jetzt nicht mehr so, dass wir zwei dominierenden Mannschaften haben, die das unter sich ausmachen. Da spielen sechs, sieben Mannschaften, die um die ersten zwei-drei Plätze kämpfen. Ich glaube nicht, dass irgend eine Mannschaft einen Durchmarsch macht. Für jeden Club werden die ersten sieben Spiele der Hammer, ein Knaller nach dem anderen, und das zeigt ja schon, wie stark diese Liga ist. Und da wollen wir als Goldforelle im Karpfenteich rumschwimmen und versuchen möglichst viel zu erreichen. Aber mal ehrlich: Mit Timo Hampf im Tor, einer Abwehr mit Below, Gottlieb, Ermel und nun Vuckovic, mit einem Mittelfeld aus Schmidt, Mansour, Petrowsky, Köttig, Weidner und anderen, Eckl mit der „Nummer zehn“, Fuß, Kollmorgen und Ritter im Sturm ist das beileibe keine Mannschaft, die sich verstecken muss.
Vor allem, wo nun noch ein Abwehrriese von zwei Metern hinzu kommt. Wie konnte eigentlich die Verpflichtung von Nenad Vuckovic glücken, immerhin hat er zuletzt in der ersten kroatischen Liga gespielt?
Antony: Vuckovic hat einen ganz normalen Vertrag. Er ist nach Deutschland gekommen, da seine Frau bereits in Berlin wohnt. Er hat bei uns trainiert und war davon angetan, wollte eine Vertag haben und hat eine Summe genannt, die für uns unerschwinglich war. Also hat er es bei zahlungskräftigeren Vereinen im Ausland versucht, aber letztlich kam er zu uns zurück, weil er hier zwar weniger verdient, aber seine Familie bei sich hat. Innerhalb kürzester Zeit erhielt er hier eine Aufenthaltsgenehmigung, unter Mithilfe des DFB und vor allem durch den Einsatz unseres Bernd Grossmann aus der Geschäftsstelle auch die Freigabe vom kroatischen Verband, und damit haben wir einen klasse Spieler. Der aber eine Freigabeklausel bei einer gewissen Ablösesumme hat. So wird der Verein keinen Schaden erleiden. Ein sehr fairer Vertrag von Seiten des Spielers aber auch für den Spieler. Kompliment an Trainer und sportlichen Leiter.
Ein überraschendes Sommerthema war der angedachte Umzug von TeBe nach Spandau. Wie ist hier der Stand der Dinge?
Antony: Der Stand ist immer noch der gleiche. Wobei der Kontakt zum Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf – das muss man ganz deutlich sagen – besser geworden ist. Wir hatten einen ersten Termin, der sehr gut verlief und nächste Woche haben Vorstand und Aufsichtsrat ein neues Treffen mit dem Stadtrat und ich hoffe, dass wir da eine Weg finden, die Saison ganz in Ruhe durchziehen zu können. Man hat ja schon gesehen, dass dies nun mit der Umzug zurück ins Mommsenstadion anlässlich des DFB-Pokalspiels sehr gut geklappt hat. Es ist nur noch nicht so, dass wir garantieren können, dass wir die nächsten 30 Jahre im Mommsenstadion bleiben. Aber wir haben auch noch nicht die Koffer gepackt.
Man hörte aber, dass der Bezirk Spandau Tennis Borussia einen roten Teppich ausrollen würde…
Antony: Bei den heutigen Haushaltslage rollt auch da nicht jeder den roten Teppich aus. Solch ein Teppich mag ein bisschen rot gesprenkelt sein, aber einen roten kriegst du nicht. Doch wir sollten unser Licht nicht unter den Scheffel stellen: eine Studie hat ergeben, dass Tennis Borussia immer noch zu den 75 bekanntesten Vereinen Deutschlands zählt. Auch wenn das überwiegend der Vergangenheit geschuldet ist – wir sind durchaus noch eine Marke.
Beim Stichwort DFB-Pokal fällt mir der Standort-Streit mit Neuruppin ein. Haben Sie jemals direkt über den Spielort verhandelt?
Antony: Ich hab mit Präsident Lenz, den ich sehr sympathisch finde, bei der Pokalauslosung gesprochen und ihm zum Bayern-Los gratuliert. Da war deren Umzug ins Olympiastadion noch gar kein Thema. Es waren dann auch andere Leute, die eine Doppelveranstaltung im Olympiastadion ins Gespräch gebracht haben. Für mich wäre das eh nicht das Optimale gewesen. Wir haben es nicht nötig uns an andere Veranstaltungen ranzuhängen oder ein Vorspiel dort zu bestreiten. Und zudem haben wir an diesem Ort schon ganz andere Schlachten geschlagen und gewonnen. Aber es gab dadurch ein paar Schlagzeilen und eine Sensibilität und Zustimmung vom Berliner Fußballverband, aber auch vom DFB, der absolutes Verständnis für unsere Lage hat. Letztlich aber interessiert mich nicht das Olympiastadion, sondern dass bei uns ordentlich was los ist. Und das ist natürlich auch abhängig davon, wie wir heute Abend gegen Ludwigsfelde und die Woche drauf gegen Union spielen. Im besten Fall gewinnen wir beide Partien und dann wird es eine Menge Leute geben, die sagen: schau mal, da ist ´ne gute Mannschaft, schauen wir uns die mal gegen Bochum an.
Dieser Aussicht bleibt kaum etwas hinzuzufügen. Hoffen wir auf eine guten Start in die Saison und großen Zulauf beim Pokalspiel. Viele Dank für das Gespräch.






