"Man muss sich das Glück hart erarbeiten"
W. Weber im Gespräch mit Bruno Ulbricht
W. Weber: Hallo Bruno, schön, dass Du den Weg von den Reinickendorfer Füchsen zu Tennis Borussia gefunden hast. Es spricht für Dich, dass Du nicht den einfachen und sicheren Weg gegangen bist. Nach dem Abgang der beiden letztjährigen Keeper der Füchse-Oberligamannschaft wärst Du ohne Zweifel die gesetzte Nr.1 im Füchse-Tor in dieser Saison gewesen.Du hast Dich für den Wechsel und die damit verbundene große sportliche Herausforderung entschieden. Warum?
Bruno Ulbricht: Der primäre Grund für meinen Wechsel ist der Abstieg der Füchse in die Verbandsliga, da ich mir selber das Ziel gesetzt habe, in den nächsten Jahren Oberliga und höher zu spielen. Ebenfalls wollte ich nach sieben Jahren bei den Reinickendorfer Füchsen zu einem Verein wechseln, bei dem ich intensiver und gezielter an mir arbeiten kann.
Zu guter Letzt wurden in der vergangenen Saison bei den Füchsen einige meiner Ansicht nach sehr fragwürdige Entscheidungen getroffen, so dass von einem Tag auf den anderen einige Menschen, die mich lange bei den Füchsen begleitet haben, den Verein verlassen haben und ich somit in meiner Absicht, den Verein zu verlassen, bestärkt wurde.
Wie sind bislang Deine Eindrücke von Deinem neuen Verein, den neuen Teamkollegen und dem ganzen Umfeld?
Da die Mannschaft dieses Jahr aus vielen neuen und jungen Spielern besteht, von denen ich einige bereits kannte, ist mir die Integration in das Team relativ leicht gefallen. Positiv sind mir auch die Bedingungen aufgefallen, unter denen wir hier trainieren und die Verantwortlichen um das Team, die für Fragen und Bitten immer ein Ohr haben und helfen, wo sie können.
Wie ist Deine persönliche Zielsetzung und Erwartung für diese erste Saison bei Tennis Borussia?
Mein erstes Jahr bei TeBe ist ja auch mein erstes richtiges Jahr in einer Männermannschaft. Darum sehe ich dieses Jahr hauptsächlich als Lehrjahr an, in dem ich kontinuierlich weiter an mir arbeite, um mich möglichst schnell an die Umstellung vom Jugend- zum Männerfußball zu gewöhnen.
Timo Hampf, der Erfahrene, René Rimkus und Bruno Ulbricht, die jungen Wilden. Das wird ein heißer Tanz um den Platz im Tor.
Für Rene und mich heißt es erst mal geduldig sein, auf die Chance warten und bis dahin fleißig und intensiv trainieren. Obwohl wir drei Torhüter sind und selbstverständlich alle spielen wollen, herrscht unter uns drei ein freundschaftliches Klima. Auch sehe ich die beiden nicht nur als Konkurrenten, sondern denke, dass ich auch von ihnen, vor allem von Timo mit seiner Erfahrung, etwas lernen kann. Trotz alledem hoffe ich im Laufe der Saison noch das eine oder andere Spiel zu machen.
Letzte Saison hast Du, noch als A-Jugendlicher, Dein erstes OL-Spiel gemacht: Bruno Ulbricht – MSV 1919 Neuruppin. Dank Deiner erstklassigen Leistung konnten die Neuruppiner Himmelsstürmer nur einen Treffer landen. Viel besser als Du in diesem Spiel kann man als Torhüter eigentlich nicht spielen. Die konnten schießen, wohin sie wollten, Bruno Ulbricht war schon da. Wo hast Du eigentlich die ganzen Arme und Beine hergenommen, mit denen Du diesen Neuruppiner Angriffswirbel abgewehrt hast?
Als junger Torwart musst du halt eine von deinen wenigen Chancen nutzen, wenn du willst, dass noch jemand Anderer außer dein Torwarttrainer auf dich aufmerksam wird. Das hatte ich mir auch vorgenommen und an diesem Tag hatte ich auch das Glück, dass mir solch ein Spiel gelungen ist. Zwar muss man sich das Glück auch oft erst hart erarbeiten, aber wenn ein Spieler vier Meter vor dir auf die Bude haut und den Ball nicht direkt auf dich schießt, musst du eben mal auf gut Glück springen und hoffen, dass du den Ball irgendwie aufhalten kannst.
Auf den Betrachter hast Du gewirkt, als ob Du so etwas jeden Tag drei Mal machst. Mal ehrlich, warst Du wirklich so ruhig und abgeklärt, wie es nach außen aussah?
Ich hatte ja nichts zu verlieren. Wir waren damals schon so gut wie abgestiegen und Neuruppin musste gewinnen, um vor Babelsberg zu bleiben. Der einzige Druck der auf mir lastete war also der, den ich mir selbst auferlegt habe.
Nicht einen Funken Nervosität oder Lampenfieber?
Natürlich war ich zu Beginn des Spiels etwas nervös, aber als ich die ersten Bälle sicher gehalten und kurz vor der Pause eine hundertprozentige Chance von Neuruppin vereitelt habe, wusste ich, heute können wir eine Überraschung schaffen und von Nervosität war nichts mehr zu spüren. Leider hat es dann am Ende mit der Überraschung nicht geklappt, mit meinem Spiel war ich jedoch zufrieden.
Ich habe Dich ja schon länger im Fokus. Es ist ja nichts Ehrenrühriges und das kann man hier auch mal sagen, dass wir uns schon aus unseren gemeinsamen Füchse-Zeiten kennen. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass Du in den letzten beiden Jahren gut zugelegt hast und auf einem guten Weg bist. An was musst Du, Deiner Meinung nach, noch arbeiten?
Wie so schön gesagt wird muss ein Torwart heutzutage ein guter Libero sein und daran mangelt es bei mir noch etwas. In der Jugend war es noch zu verschmerzen, dass ich nicht der beste Fußballer bin, aber jetzt, wo das Tempo auch gehörig zugenommen hat und von mir erwartet wird, dass ich nach einem abgefangenen Ball sofort einen Angriff einleite oder die Ruhe bewahre, wenn sofort nach einem Rückpass ein oder zwei Stürmer auf mich zu gerannt kommen, kommt es ab und zu vor, dass der Ball nicht unbedingt dort ankommt, wo er eigentlich ankommen sollte.
Was macht in Deinen Augen einen guten Torhüter aus?
Er muss nervenstark sein(ein Fehler und 90 Minuten rackern kann umsonst sein), Ruhe ausstrahlen, aber trotzdem lautstark sein, er muss gut antizipieren können und immer fleißig trainieren, da man nie ausgelernt hat.
Wer ist für Dich eigentlich DER Torhüter schlechthin? Und was zeichnet ihn in Deinen Augen aus?
Das ist meiner Meinung nach Peter Cech, da er der kompletteste Torhüter ist den ich kenne. Trotz seiner Größe hat er eine sehr gute Sprungkraft, ist gut beim Rauskommen und kann gut mitspielen, wobei man sagen muss, dass er wegen seinen starken Vorderleuten auch selten wirklich mehrmals im Spiel intensiv gefordert wird.
Ich beschreibe Dir mal meinen Alptraum eines Torhüters, den ich in meiner aktiven Zeit selbst erlebt habe. Nach nicht mal 10 Minuten stand es 0:4 und ich war einfach nur fertig mit dieser Welt. Hast Du schon einmal so ein ähnliches Monster-Spiel erleben müssen?
Ich habe in der C-Jugend mal 8 Tore gegen Hertha kassiert. Nach solch einem Spiel schämt man sich richtig, obwohl ich nicht wirklich was dafür konnte, aber als Torhüter sieht man immer blöd aus, wenn man mehr als drei Tore kassiert, ich fühle mich dann auch immer mit verantwortlich für die Gegentore, egal ob ich es hätte verhindern können oder nicht.
Was ist für Dich persönlich der Alptraum eines Torhüters?
Einen schlimmeren Alptraum als das Tor, das Piplica gegen Gladbach kassiert hat, kann ich mir nicht vorstellen.
Thema Torhüterstreit: jetzt frage ich mal einen Fachmann: wer ist für Dich die Nr. 1 im deutschen Tor? Kahn, Lehmann, Hildebrand oder vielleicht ein ganz anderer?
Ehrlich gesagt interessiert es mich nicht wer am Ende im Tor steht, wenn Deutschland nicht Weltmeister werden sollte, wird es sicherlich nicht am Torhüter liegen. Trotzdem denke ich, dass Kahn das Rennen macht, da er sich wie kein anderer Torhüter motivieren kann und es anscheinend niemanden stört, dass er fast jeden Ball auf gut Glück nach vorne haut.
Wie siehst Du Eure bisherige Saisonleistung?
Bisher sicherlich durchwachsen, aber es sind erst vier Spieltage vergangen und ich bin überzeugt, dass wir noch einige Plätze gut machen werden.
Bruno, gib mal einen Tipp ab! Wo steht TeBe am Ende der Saison?
Platz 1 Bis 5 muss unser Ziel sein und ich denke, das werden wir auch schaffen.
Bruno, danke für das Gespräch und Dir natürlich einen optimalen Saisonverlauf.






