Jens Redlich wendet sich in einem offenen Brief an die Fans

Liebe Borussinnen und Borussen, liebe Fans von Tennis Borussia Berlin,

am kommenden Samstag bestreitet die erste Mannschaft ihr letztes Spiel dieser turbulenten Saison 2016/2017.
Bei der gegebenen Tabellensituation ist jetzt normalerweise der richtige Zeitpunkt, gedanklich mit der aktuellen Saison abzuschließen und sein Augenmerk auf die Vorbereitungen zur kommenden Saison 2017/2018 zu richten – so auch bei uns. Die Spielergespräche verdichten sich und wir sind auf dem richtigen Weg, ein schlagkräftiges Team auf die Beine zu stellen.
Hierbei verrate ich kein Geheimnis, wenn ich sage, dass wir eine Mannschaft präsentieren werden, die um den Aufstieg mitspielen soll.

Im Grunde sind wir sportlich bei Tennis Borussia Berlin auf einem guten Weg und es wäre eigentlich der richtige Zeitpunkt nach vorne zu schauen, alle Anstrengungen auf die neue Spielzeit zu fokussieren und dabei die richtigen Schlüsse aus der vergangenen Saison zu ziehen.

Doch an dieser Stelle bietet sich an, auch aus dem nichtsportlichen Bereich das Thema anzusprechen, das uns derzeit alle berührt:
Aktuell besteht eine Thematik im Verein, die sämtliche Ereignisse überschattet und die sowohl in der Presse als auch intern bei den Fans verständlicherweise zu Irritationen führt.
Ein einfaches „Weitermachen“ ist ohne Klärung nicht möglich und daran bin ich nicht ganz unschuldig – habe ich mich der Angelegenheit „Fahne“ nicht mit dem nötigen Fingerspitzengefühl und Commitment gewidmet, das es bedingte.

Verfolgt man die Schlagzeilen, so könnte man schnell zu der Annahme kommen, es ginge nur um das Hissen einer Fahne, doch es geht dabei um so viel mehr. Es geht um die Identität von Tennis Borussia, um die Werte für die der Verein steht. Es geht um die Historie und das Image, welches TeBe über Jahrzehnte mit Stolz aufgebaut hat – doch dazu später mehr.

Begonnen habe ich diese Saison als Sponsor. Dabei habe ich bewusst den Verein Tennis Borussia Berlin gewählt, da TeBe auch heute noch eine gute Adresse ist, nicht nur im Berliner Fußball.
Sowohl die Tradition und die Geschichte des Vereins, aber auch die Fanbase waren für mich ausschlaggebende Gründe, mich bei den Lila-Weißen einzubringen und den Verein tatkräftig zu unterstützen, wieder zu alter Stärke zu finden.

Mit Crunch Fit als Hauptsponsor soll eine Partnerschaft auf lange Sicht entstehen, eine Symbiose von der beide Parteien partizipieren. Mein Ziel war es von Anfang an, keinen Zweifel daran zu lassen, dass Tennis Borussia in Berlin immer noch eine wichtige Rolle spielt und im deutschen Fußball nicht wegzudenken ist.
Obschon mein Interesse sich anfangs dabei auf die reine finanzielle Unterstützung beschränken sollte, war es mir ein wichtiges Anliegen nach und nach ein Gefühl für den Verein zu bekommen, für die Fans, die Fankultur und das, was den Verein ausmacht.
Im diesem Frühjahr änderte sich jedoch plötzlich die Ausgangslage für mich, die Ereignisse überschlugen sich – ich war gezwungen die Lean-Back-Position zu verlassen. Der Verein drohte erneut in eine Insolvenz zu rutschen.
Handlungsbedarf war nötig und ich stand vor der Entscheidung, entweder den Verein zu verlassen, was das finanzielle Aus für den Verein bedeutet hätte, oder sämtliche Optionen auszuloten, damit der Verein wieder gesunden kann.

Nach vielen langen Gesprächen mit dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und persönlichen Beratern entschied ich mich, zu meinem ursprünglichen Commitment zu stehen und den Verein sowohl finanziell als auch mit dem nötigen Know-How weiter zu unterstützen.
Gleichzeitig stand ich vor der schwierigen Aufgabe, im Falle des weiteren Engagements zu gewährleisten, dass die Wirtschaftlichkeit des Vereins nicht erneut beeinträchtig wird.
Aus diesem Grund entschied ich mich, den Posten des Vorstandsvorsitzenden zu übernehmen, mit dem finanziellen Defizit und dem Risiko, welches zu diesem Zeitpunkt vorherrschte.

Durch Crunch Fit und das damit verbundene Netzwerk gelang es, eine weitere Insolvenz und die finanzielle Schieflage des Vereins abzuwenden.
Wirtschaftlich und sportlich waren wir innerhalb kürzester Zeit wieder im Soll, nicht zuletzt auch durch die Verpflichtung unseres Trainers Cemal „Teddy“ Yildiz, der einen hervorragenden Job macht und die Mannschaft in der nächsten Saison zum Aufstieg führen soll.

Ungeachtet dieser positiven Meldungen und der guten, professionelleren Ausrichtung des Vereins – und an dieser Stelle kommt mein Verfehlen – habe ich den Verein nicht differenziert genug betrachtet und meine Priorität zu sehr auf den sportlichen Bereich fixiert. Folglich übersah ich, was den Verein Tennis Borussia Berlin und eben auch seine Fankultur ausmacht.
Und auch wenn ich an dieser Stelle nicht oft genug betonen kann, dass mir zu jeder Zeit das Wohl des Vereins immer am wichtigsten war und dieses stets im Vordergrund stand, so verstehe ich heute besser, dass das Wohl des Vereins elementar mit dem Engagement für ein besseres Miteinander und für soziale Gerechtigkeit zusammenhängt.
An dieser Stelle möchte ich aber auch nicht missverstanden werden: Ich war und bin absolut gegen Homophobie, gegen Ausgrenzung, gegen Rassismus. TeBe wird, auch mit mir an der Spitze, immer für diese Werte stehen, diese sind vom Verein nicht zu entkoppeln. Dies war zu keinem Zeitpunkt meine Intention.
Hier möchte ich auch noch einmal eine Emphase setzen: Die Fankultur in der jetzigen Form ist Teil von Tennis Borussia Berlin und gehört zum Verein.

Wenngleich ich meine Bedenken zur Problematik der Neutralitätswahrung nicht ganz wegwischen kann, so sehe ich hierin doch eine große Chance; die Chance, dass der Verein daraus geeinter und stärker als zuvor hervorgehen kann.

Daher ist es erforderlich, dass ich an dieser Stelle einlenke und mich korrigiere, da ich keine Spaltung des Vereins bewirken möchte. Nur im Kollektiv kann der Verein auch sportlich die Beachtung finden, die er sozialgesellschaftlich bereits genießt.
Die Fahne – als Symbol des Engagements des Vereins für Vielfalt und das friedliche Miteinander – soll nicht in Konkurrenz zum sportlichen Erfolg stehen.

Losgelöst von der formalen Richtigkeit der Antragstellung, wird der Vorstand dem Beschluss der Mitgliederversammlung folgen und die Regenbogenfahne mit TeBe-Logo aufhängen lassen.

Ich habe hierzu bereits gestern mit Martin Endemann vom TBAF-Vorstand gesprochen, der gleichzeitig auch Aufsichtsratmitglied ist und möchte noch einmal festhalten:

Ich, Jens Redlich, werde mich dafür einsetzen, dass die Regenbogenfahne mit dem TeBe-Logo in der Mitte zu jedem Heimspiel den Fahnenmast des E-Blocks zieren wird.

Wir freuen uns auch, dass unsere Ü35-Frauen auch in der nächsten Saison in Meisterschaft und Pokal für Tennis Borussia Berlin an den Start gehen werden. Gleichzeitig ist es für uns selbstverständlich, die erfolgreiche Arbeit von Chantal Hoppe im Mädchenbereich adäquat fortzusetzen.

Als weitere Baustelle, die angegangen werden soll, möchte ich auch die zweite Herrenmannschaft benennen:
In einem Verein mit einer starken Jugend und der Zielvorgabe des Aufstiegs ist die aktuelle Entwicklung der zweiten Mannschaft auf Dauer nicht vertretbar. Eine leistungsstarke zweite Mannschaft ist essenziell für einen erfolgreichen Verein und stellt das Bindeglied zwischen der A-Jugend und der ersten Mannschaft dar. Hier wollen wir zukünftig auf eine stärkere Verzahnung des Jugend- und Herrenbereiches achten und eine höhere Durchlässigkeit erwirken.

Mir ist bewusst, dass es Zeit benötigen wird, das verlorene Vertrauen in meine Person wieder herzustellen, doch diese Zeit möchte ich mir nehmen und ich appelliere auch an Euch:
Lasst uns den Verein gemeinsam nach vorne bringen.

In diesem Sinne – Forza TeBe!

Jens Redlich
Vorstandsvorsitzender

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