"Bei TeBe die beste Zeit"

Felix Krüger im Gespräch mit Benny Wendt

Herr Wendt, Rudi Gutendorf, ihr damaliger Trainer bei TeBe hat vorhin (das Gespräch fand im Anschluss an den Festakt zum Jubiläum statt) eine nette Anekdote über seine Bemühungen, Sie zu TeBe zu holen, zum Besten gegeben. Wie ist der Wechsel aus Ihrer Sicht zustande gekommen?

Ich war ein Jahr zuvor zum 1. FC Köln gekommen, nach der Weltmeisterschaft und mit den vielen Weltmeistern in Köln war es für mich aber sehr schwer, mich durchzusetzen. Ich sollte den Hannes Löhr ersetzen, aber das war natürlich nicht so leicht. Der hat sein ganzes Leben in Köln gespielt, hat einen Riesen-Namen gehabt und war Nationalspieler. Da war es schwer für mich, als Linksaußen, den ich damals gespielt habe, ihn zu verdrängen. Man hatte mir gesagt: ‚Mach es hier, versuch es hier. Das wird schon kommen‘. Ich habe ein paar Freundschaftsspiele gemacht, gegen sehr gute Mannschaften wie Barcelona und Kiew, aber ich habe nur durchschnittlich gespielt. Mir hat ein bisschen der Glaube an mich selbst gefehlt. Dann hat mich der Karl-Heinz Thielen, der damalige Manager von Köln, der mich aus Schweden nach Köln geholt hatte, gefragt, ob ich nicht ein Probetraining bei TeBe Berlin machen möchte. Ich wusste gerade mal, wo Berlin liegt, aber TeBe, das hatte ich noch nie gehört. Ich habe gesagt: ‚O.k., wenn ihr meint dass das gut ist, dann mache ich das‘. Ich bin dann nach Berlin gefahren und der damalige Manager von TeBe hat mich in seinem kleinen VW-Käfer abgeholt. Ich habe gedacht: ‚Das ist ja so ungefähr mein Niveau, so wie ich es aus Schweden kenne‘. Wir sind dann am Mommsenstadion angekommen, wo ich Gutendorf und der Mannschaft vorgestellt wurde. Dann habe ich das Probetraining mitgemacht. Auf einmal rief mich Gutendorf zu sich und sagte mir, ich solle fünf Elfmeter schießen. Ich dachte: ‚Was ist jetzt los?‘ Dann habe ich mir den Ball auf den Punkt gelegt und alle fünf gleichmäßig reingehauen. Dann hat Gutendorf gesagt: ‚Ist gut, du kannst mit den anderen weitertrainieren‘. Er ist dann ins Büro gegangen, kam nach einer Weile zurück und sagte nach dem Training zu mir: ‚Wir wollen, dass Du hier bleibst‘. Er war sich todsicher, das ich der richtige Mann für TeBe war. Ich habe dann meine Frau gefragt, was wir machen sollen und sie sagte: ‚Wir nehmen die Chance wahr!‘ Ich habe das gleich gemerkt, dass ich mich hier wohlfühlen würde. Das war irgendwie mein Niveau. Und ich war ja gut trainiert aus meiner Kölner Zeit. Ich hatte ja immer trainiert wie ein Ochse und versucht, in die erste Mannschaft zu kommen. Und dann sind wir hier geblieben und ich habe eine Riesen-Saison gespielt, damals.

Und dann musste TeBe Sie am Ende der Saison aus finanziellen Gründen abgeben?

Nein, so war das nicht. Ich hatte ja eine Riesen-Saison gehabt. Nicht nur ich, sondern die ganze Mannschaft. Nur ein kleines bisschen hat uns gefehlt, ein paar Verstärkungen vielleicht oder etwas Glück. Letztendlich kann man vielleicht sagen, wir waren irgendwo nicht reif genug. Wir waren ja eine Truppe, die frisch zusammengestellt wurde, aus Spielern, die bei ihren Vereinen zweite Wahl waren. Da waren mehrere dabei, die über Probetrainings dazugekommen sind. Es waren laufend Probetrainings. Das waren gute Leute, die hier gut rausgekommen sind, aber nicht da, wo sie herkamen. Wir haben irgendwie keine Zeit gehabt, uns auf den Abstiegskampf einzustellen. Da muss man beißen und nochmals beißen und wir haben vielleicht zu spät gebissen. TeBe hatte mich gefragt, ob ich auch in der Zweiten Liga bleiben würde, doch Köln wollte mich zurückhaben. Ich war ja nur ausgeliehen und Weisweiler wollte mich unbedingt zurückholen. Ich hätte aber eher mit TeBe in der Zweiten Liga gespielt, als zurückzugehen. Ich wäre nie nach Köln zurückgegangen. Dann ist der „Schwedenklub“ Kaiserslautern auf mich zugekommen. Der andere Schwede, Ron Hellström, hatte sich in einem Länderspiel schwer verletzt und so war dort ein Platz frei geworden. Der FCK hat mir ein gutes Angebot gemacht und das habe ich angenommen.

Dort haben Sie dann vier Jahre gespielt. Ging Ihre Fußballer-Karriere danach noch weiter?

Ja. Danach war ich zwei Jahre in Belgien, wo ich zweimal hintereinander mit Standard Lüttich Meister geworden bin. Das war natürlich riesig. Mehr kann man nicht verlangen. Wir haben da eine tolle Mannschaft gehabt, mit zwölf Nationalspielern. Dann war ich ein Jahr in Hong-Kong und dann bin ich zurück nach Deutschland gekommen und habe ein Jahr in Freiburg gespielt. Das war meine letzte Station. Das war auch eine schöne Zeit. Freiburg ist auch ein schöner Verein. Danach bin ich zurück nach Schweden gegangen, aber dort habe ich nicht mehr Fußball gespielt. Mein Ziel war es immer und überall, mindestens fünfzehn Tore pro Saison zu schießen und das habe ich auch erreicht. Damals lag man so an die zwanzig Tore, wenn man als Stürmer eine gute Saison hatte, fünfzehn war auch noch gut, aber alles unter zehn war eine Katastrophe. Für einen Mittelfeldspieler waren natürlich schon zehn bis fünfzehn Tore super. Um Torschützenkönig zu werden, brauchte man damals dreißig oder sogar fünfunddreißig Tore.

Haben Sie in Schweden einen Lieblingsverein?

Nein. Natürlich habe ich eine besondere Beziehung zu meinem Heimatverein IFK Norrköping und auch zur schwedischen Nationalmannschaft, für die ich ja auch gespielt habe, aber einen Lieblingsverein habe ich nicht.

Woher kommt diese Verbundenheit zu TeBe, einem Verein, bei dem Sie gerade eine Saison lang waren und mit dem Sie auch noch abgestiegen sind?

Hier habe ich meinen Durchbruch geschafft. Das ist auch ein Stück weit Dankbarkeit dem Verein gegenüber. Der Verein hat immer hinter mir gestanden. Ich habe gemerkt, das ist ein Verein, der mich gern hat und den ich auch gern habe. Das war von Anfang an eine Herzensangelegenheit. Auch die Stadt Berlin hat meiner Frau und mir bombig gefallen. Wir haben hier auch geheiratet. Es hat einfach alles gestimmt. Es war nur Pech, dass wir weggehen mussten, aber durch den Abstieg war das unvermeidlich. Wäre ich geblieben, wäre ich als Spieler hier wohl verpufft. So musste ich wählen: Entweder weiterkommen oder hier bleiben. Das hat uns beide sehr geschmerzt. Wir haben immer noch einen guten Draht zu Berlin und kommen gerne her.

Gibt es ein schönes Erlebnis bei TeBe, an das Sie besonders gerne zurückdenken?

Natürlich die vier Tore damals im Spiel gegen Fortuna Düsseldorf. Ich habe ja super angefangen hier mit zwei Toren im ersten Spiel und vier im zweiten. Ich habe gleich gemerkt: Das ist meine Chance hier. Ich war ja so motiviert von dem ganzen Training in Köln, ich hätte Berge versetzen können. Ich konnte den Ball nehmen und dann los…und dann wusste ich schon: Ich mach das Tor! Ich mach das Tor! Die gehen alle weg, ich hau das Ding rein! Ich habe riesiges Selbstvertrauen gehabt. Ich war glücklich, zu spielen und ich habe gemerkt, dass die Leute an mich glauben, dass der Trainer an mich glaubt, dass der Verein an mich glaubt.

Gab es einen Mannschaftskameraden, mit dem sie sich damals besonders gut verstanden haben?

Ja, da gab es mehrere. Ich muss sagen, wir waren gleich eine gute Berliner Clique, obwohl die meisten gerade erst aus Westdeutschland gekommen waren. Ehrlich. Vom Platzwart bis zum Trainer. Der Trainer konnte uns super motivieren und alles aus uns rausholen. Und es stand auch sehr viel in der Presse über uns, genauso viel wie über Hertha und das war vorher nicht so. Der Trainer hat dem Verein hier wirklich einen Anschub gegeben. Einen einzelnen Spieler kann hier eigentlich nicht nennen. Wer immer gute lange Bälle gespielt hat, war der Berkemeier, der hat verstanden, wie ich die Bälle haben will. Der Trainer hat uns gut eingestellt. Gemessen an dem Spielermaterial hat er uns gut in Szene gesetzt. Wir haben das gespielt, was wir konnten. Und mit Herz haben wir gespielt, ehrlich! Wir waren keine Großverdiener, keiner von uns. Wir waren woanders immer Zweite Wahl und hier wurden wir mit einem Mal Erste Wahl. Das hat uns in Schwung gebracht. Wir waren manchmal sehr gut.

Und Ihr größtes Erlebnis als Fußballer überhaupt?

Das war natürlich die WM ´78 in Argentinien, dass man da überhaupt teilnehmen durfte. Das war der Höhepunkt. Als Titel natürlich die beiden belgischen Meisterschaften. Soviel im Hinblick auf Fußball. Aber in Kaiserslautern hatten wir auch eine schöne Zeit. Da haben wir zwei Kinder bekommen, die dann natürlich auch deutsche Namen gekriegt haben: Heidi und Peter.

Sie arbeiten jetzt in Schweden als Bauarbeiter. Hatten Sie den Beruf schon vor Ihrer Fußballkarriere gelernt?

Ja. Aber ich bin jetzt 51 Jahre alt. Wenn ich 55 bin, will ich nicht mehr auf dem Bau arbeiten. Dann höre ich auf und mache etwas anderes. Dann werden wir auch wieder ins Ausland gehen, höchstwahrscheinlich nach Deutschland. Unsere Kinder möchten auch sehr gerne, dass wir nach Deutschland ziehen. Die sind zwar jetzt groß und wollen selbst in Schweden bleiben, aber sie haben eine gewisse Sehnsucht nach Deutschland, weil sie hier geboren und aufgewachsen sind. Daher würden sie uns dann gerne hier besuchen. Aber auch meiner Frau und mir gefällt Deutschland besser. Die Leute sind offenherziger und die sozialen Kontakte sind besser. Das ist in Schweden nicht so und das fehlt uns. Man ist eher kühl und konservativ. Solange ich aber noch da bin, werde ich mich darum kümmern, dass demnächst auch eine schwedische Mannschaft am Golden-Gate-Cup teilnimmt, das verspreche ich. Am besten von meinem Verein, Norrköping, die spielen auch in der ersten Liga. Ich wusste vorher gar nicht, dass es hier so ein tolles Turnier gibt.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Wendt.

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